Doping im Lehrerzimmer: Wo sind meine Kekse hin?

Wenn ich mir mein Kollegium so anschaue, habe ich nicht den Eindruck, dass dort jemand ernsthaft übergewichtig ist. Und dennoch wundere ich mich, wo die ganzen Kalorien bleiben.

In fast jeder Pause erlebe ich das gleiche Szenario: Ausgehungert und völlig gestresst kommen die Lehrkräfte aus ihrem Unterricht und scannen mit gierigen Blicken die Lehrertische ab in der Hoffnung, zwischen den Stapeln von Heften und Mappen etwas Süßes zu finden. Manch einer hat Glück und entdeckt noch einen Keks vom Vortag, den er sich blitzschnell unter den Nagel reißt und hektisch in den Mund schiebt. Zum Glück hat Frau Stullenberg-Herrenbusch heute ihre alten Süßigkeitssvorräte mitgebracht. Da sind sogar noch ein paar Ostereier dabei.

Sofort stürmen einige Lehrkräfte zu ihrem Tisch und greifen ohne groß um Erlaubnis zu fragen nach den Keksen und Schokoteilchen. Auch ich hetze auf schnellstem Wege zum Tisch der Begierde, breche mir ein Stück vom Lebkuchenherz ab und schiebe es mir schnell in den Mund. Zwei Schokoriegel wandern noch unauffällig in meine Tasche. Nervennahrung für später. Gut, ich gebe zu, ich horte einen kleinen Vorrat an Süßigkeiten in meinem Schrank – für absolute Notfälle. Aber dieser Vorrat ist ständig aufgebraucht.

Der nächste Weg meiner Kollegen führt zum Kaffeeautomaten. Auch davon kann ich mich nicht frei machen. Seitdem in Schulen niemand mehr rauchen darf, ist der Kaffeekonsum geradezu explodiert. Ich glaube, manche schnupfen das Pulver sogar.

Auf dem Weg zu meinem Platz fällt mir auf, dass die Süßigkeitsvorräte schnell zur Neige gehen. Frau Stullenberg-Herrenbusch hat Aufsicht und deshalb selbst noch keine Süßigkeiten gegessen. Am Ende der Pause kommt sie völlig abgehetzt ins Lehrerzimmer. Ihr Blick fällt auf den leeren Tisch. Nur das leere Schokipapier ist dort noch über den Tisch verteilt. Empört blickt sie in die Runde:“ Wer hat meine Kekse weggefressen?“ Einige Kollegen schauen betreten zu Boden, andere wühlen geschäftig in ihren Taschen. Niemand will sich etwas anmerken lassen. Die Sucht nach Süßigkeiten hat alle übermannt.

Im Prinzip können Sie jede Art von Süßigkeiten auf den Tischen im Lehrerzimmer deponieren, Sie können sicher sein, am Ende der Pause ist alles weggeputzt. Sechs Stunden Unterricht sind mindestens so anstrengend wie eine Tour de France-Etappe nach Alpe d‘Huez. Ohne Doping kann man das einfach nicht überstehen. Genau aus diesem Grund bunkere ich meine Vorräte lieber tief versteckt in meinem Schrank.

Aber: Neben den Keks- und Kaffeejunkies trifft man auch ein paar Gesundheitsapostel im Lehrerzimmer. Man erkennt sie anhand ihrer Vorräte auf ihrem Platz. Neben dem Becher gefüllt mit grünem oder Yogitee stehen Tellerchen mit geschnittenen Biomöhrchen oder Dinkelvollkornkeksen. So wie unsere liebe Biotante Frau Hermann. Langsam kaut sie auf ihrem Vollkornknäckebrot herum. Nebenbei schiebt sie sich noch eine Dinkelstange in den Mund. Richtig glücklich wirkt sie dabei allerdings nicht. Ab und zu wirft sie einen sehnsüchtigen Blick zu dem Süßigkeitenlager am gegenüberliegenden Tisch, greift dann aber doch wieder entschlossen in die Knäckebrotpackung und schlürft an ihrem Bio-Kräutertee. Ich kann nur hoffen, dass die Schüler ihre Laune später nicht zu spüren bekommen.

Deshalb ein kleiner Tipp für alle Schüler:

Wenn Euer Lehrer mal wieder völlig entnervt und abgestresst im Unterricht erscheint, bietet ihm doch einfach mal einen Schokoriegel an! Das wird auch nicht als Bestechung gewertet, sondern es ist eher eine unterlassene Hilfeleistung, wenn ihr das nicht macht.

12 Reaktionen auf “Doping im Lehrerzimmer: Wo sind meine Kekse hin?”

  1. Ulrich Nottebaum

    Lehrer sollten alle paar Jahre mal in der freien Wirtschaft arbeiten.

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    • ubbinator

      Auch wenn das etwas humorlos erscheint – die Idee ist nicht schlecht. Wenn ich so mitkriege, was meine in der freien Wirtschaft beschäftigten Brüder so alles während der Arbeitszeit erledigen, klingt das nicht unattraktiv. Aber im Gegenzug sollte
      der gute Herr Nottebaum (aus der freien Wirtschaft?) auch mal ein Jahr als Lehrer arbeiten. Vorher sollte er jedoch unbedingt mit seiner Krankenkasse klären, ob die auch für die anschließende psychiatrische Aufbautherapie aufkommen.
      Nun ja – vielleicht übertreibe ich hier ein bisschen?!

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    • Deutschlehrer

      Ich habe 15 Jahre aufgrund des Einstellungsstopps in der „freien Wirtschaft“ gearbeitet und habe „Sofortrente jetzt“ gejubelt, als ich endlich in die Schule kam. Auch wenn ich immer noch gern Lehrer bin: Das kann sich keiner vorstellen, der nicht in diesem Kanu mitgepaddelt ist…. Ansonsten: Billiger, langweiliger Spruch, gähn !!!

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  2. Kai Bölle

    Um meinem Vorkommentatoren zu antworten:
    Sie sollten im Gegenzug einfach mal eine Woche als Lehrer arbeiten.

    Und der Schokoladenkonsum ist in den Büros der freien Wirtschaft nicht geringer. Das als jemand, der genau dort arbeitet.

    Pauschale Vorurteile zeugen eher von schlechter Bildung oder mangelnder Intelligenz, denn von kausaler Richtigkeit.

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  3. Sklavin

    ………der gleiche Schwund ist übrigens bei Kugelschreibern, Füllern, Filzstiften und sonstigen – zum Schreiben geeigneten Materialien – zu beobachten. Man könnte das Lehrerzimmer auch als „Bermuda Dreieck“ bezeichnen…..

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    • Dienerin

      … Stimmt! Da muss alles mit dem eigenen Namenskürzel versehen werden, ansonsten ist es einfach mal weg! Komisch, dass dann der Kollege vom Nachbartisch plötzlich mit dem vermissten Gegenstand hantiert und man sich fragt ob man eigentlich irgendwas verpasst hat!

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  4. Sklavin

    Ich hab es sogar schon einmal mit „ANKETTEN“ versucht……aber dann kam der Werklehrer mit dem Seitenschneider……!

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  5. Lehrer mit Herz

    Wie treffend!!! Die Situation hätte auch in unserem Kollegium spielen können…Und eine Biotante wie Frau Hermann haben wir auch!

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  6. KeineLehrerin

    Besonders interessant empfinde ich die Tatsache das vorzugsweise Lehrer kommentieren 😀 ich möchte den Lehrern gerne mal die kleine Schwester ihres Berufes vorstellen. Die Erzieherin. Eine ähnlich große Anzahl von Kindern zwar mit mindestens zwei aufsichtspersonen aber dafür mit zehn Kindern die noch in die Windeln machen. Eine ähnliche Anzahl an Arbeitsstunden aber dafür ohne pausen. Zwar mit Ferien aber davon weniger und kürzer. Der wohl größte Unterschied zwischen diesen Berufen wird aber wohl die Bezahlung sein. Die ist vielleicht gerade mal halb so hoch. Hier findet Gemecker auf hohem Niveau statt. Da brauchen Lehrer sich nicht über ihr negatives Berufsbild zu wundern.

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    • Bertelsfrau

      Jeder, der meint, dass Lehrer es zu gut haben, hätte den Beruf ja selber ergreifen können. Wird wohl einen Grund haben, dass das nicht gemacht wurde. Und mit Verlaub: Ich wage hier darauf hinzuweisen, dass die Ausbildung zur Erzieherin wohl kaum mit der zur Gymnasiallehrerin vergleichbar ist und dieses – neben der anspruchsvollen Tätigkeit – sich natürlich auch im Verdienst widerspiegelt…

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  7. Deutschlehrer

    Den „kleinen Tipp für alle Schüler“ hat ein Schüler an der Herderschule in Lüneburg beherzigt. Zur Entspannung des Kollegiums hat er Haschgebäck auf das Fensterbrett im Lehrerzimmer gestellt. Man kennt das: In Windeseile ist sowas verputzt. Hier konnte man gut sehen, wer sich zwei Stückchen genommen hat….

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    • Berufsschülerin

      Die Lehrer tun mir schon echt Leid … Ich wette, einigen Lehrern hat so ein Haschkeks echt gut getan.

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