Frisch erschöpft: Nach den Ferien ist vor den Ferien

Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass Lehrer nach 5 ½ Wochen frisch erholt aus den Ferien kommen und voller Elan dem neuen Schuljahr entgegenblicken.

Genau das denke ich zuerst, als ich am Dienstagmorgen, also zwei ganze Tage vor Schuljahresbeginn (!), bei der Dienstbesprechung im Lehrerzimmer in lauter erholte und gebräunte Gesichter blicke. Mir geht es jedenfalls blendend: Drei Wochen Malle, jeden Tag bis in die Puppen gepennt und in der restlichen Zeit gut gegessen, Freunde besucht und alles gemacht, wofür ich sonst nicht so viel Zeit habe.

Entsprechend fröhlich begrüße ich meine Kollegen: „Na habt ihr euch gut erholt?“ Prompt erhalte ich Standardantworten wie „Naja, es geht so. Die Ferien hätten ruhig noch drei Wochen länger gehen können“ oder „Ich habe gerade angefangen mich zu erholen und schon geht es wieder los.“

„Oh nee,“ denke ich leicht genervt, „geht das Gejammer gleich am ersten Tag schon wieder los?“ Spätestens als der Schulleiter verkündet, dass es „ausnahmsweise“ dieses Jahr noch keinen Stundenplan gebe (also wie immer!) und zunächst Klassenlehrerunterricht stattfindet, sinkt auch meine Laune merklich. Das bedeutet, der Klassenlehrer darf mal wieder arbeiten, während die Fachlehrer sich noch verlängerte Ferien gönnen dürfen. Natürlich sollen diese sich dem Klassenlehrer zuordnen, aber meistens sind diese schon kurz nach der Dienstbesprechung in der Unendlichkeit verschwunden. Und wenn man doch einen auftreibt und darum bettelt, wenigstens eine Stunde zu unterrichten, kann es passieren, dass dieser einen nur kopfschüttelnd anschaut und abwinkt: „Nee du, sorry, das passt mir da gar nicht!“

„Was soll‘s,“ denke ich, „es gibt Schlimmeres.“

Da es leckeres Frühstück gibt, setze ich mich mit ein paar belegten Brötchen an meinen Tisch. Rechts von mir sitzt Annette und schimpft vor sich hin: „Ach du Schande, ich hab 28 Schüler bekommen und einer davon ist der Leon aus der 6b.“ „Den hast du bekommen?“, fragt Uwe entsetzt. „Pass bloß auf, der ist so was von faul und die Mutter ist total anstrengend.“ Mitleidig schütteln alle am Tisch die Köpfe. Bevor ich etwas dazu sagen kann, tickt mich Steffie an: „Und? Hast du schon deinen Unterricht vorbereitet?“ Ich schüttele nur mit dem Kopf. „Aber du hast doch nur drei Wochen, bis die im Praktikum sind, da musst du doch die Arbeiten schon bald eintragen!“

Kaum eine halbe Stunde hier, schon fühle ich mich wieder völlig gestresst. Dabei war ich noch beim Betreten des Lehrerzimmers völlig gechillt und schien allen Herausforderungen gewachsen. Doch nun ist alles irgendwie wieder wie vor den Ferien. Das Jammern und Meckern auf hohem Niveau ist überall gegenwärtig. Langsam baut sich bei allen ein ungeheurer Druck auf, dabei sind die Schüler ja noch gar nicht da.

Die Dienstbesprechung verläuft wie gewohnt langweilig. Tausend Ankündigungen der Schulleitung. Der Terminplan für die nächsten Wochen ist rappelvoll. Das meiste könnte man sich sparen, wenn alle sich hier auf ihr Kerngeschäft konzentrieren würden: Den Schüler etwas beizubringen.

Zum Glück habe ich mein iPad dabei. Wie viele Wochen sind es denn noch bis zu den Herbstferien? 6 Wochen noch???Das wird hart! Ich schaue rüber zu meiner Sitznachbarin. Die surft auch gerade im Internet und lächelt vor sich hin. Ich raune ihr zu: „Na, Urlaub für die Herbstferien schon gebucht?“ Sie nickt und zwinkert mir zu.

10 Reaktionen auf “Frisch erschöpft: Nach den Ferien ist vor den Ferien”

  1. mc o-love

    Ach, schade! Die Überschrift verhieß so viel. Als Lehrerinnenehemann kann ich voll und ganz nachvollziehen, was Sie eigentlich rüberbringen wollten. Das kommt jedoch leider überhaupt nicht durch. Haben Sie jetzt nicht eher ein Eigentor geschossen? Der LehrerInnen-Alltag ist für die engagierten Kräfte schon eine gewaltige Herausfoderung. In wahrscheinlich der Mehrzahl aller Grundschulklassen (und später natürlich auch) gibt es einzelne Kinder, denen von zu Hause aus der Weg in eine hoffnungsvolle Zukunft verbaut wird (= „der Leon aus der 6b“). Wo Eltern nicht schnallen, dass Sie durch Ihre Doofheit ihren Kindern alle Zukunftschancen nehmen. Unter den zumeist von den Eltern produzierten und von den Kindern in die Schule getragenen Schwierigkeiten leiden dann von 28 Kindern 27, von denen wiederum einige so richtig das Zeug zu mehr hätten. Sie, liebe Frau Bachmayer, würden wahrscheinlich einige von diesen Kindern gern noch ein bisschen weiter fördern, das müsste doch der Thrill für den Lehrenden sein, aber die „Leons“ respektive deren Eltern bremsen das System und Sie fein aus. Dazu kommen die Rahmenbedingungen: Die Landesregierungen bürden den Schulen eine Reform nach der nächsten auf, schon in der Reform wird die Reform reformiert. Wer schon mal mit Change-Management zu tun hatte, weiß, dass nach der Veränderung eine Ruhephase einkehren muss. Man zerrt und zieht dauerhaft an den Lehrern und bürdet ihnen überbürokratisierten, schwachsinnigen Aufwand auf. Ich sehe das ja immer wieder. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus würde ich den Regierungsstellen für Bildung Vollversagen in Sachen Kommunikation/Führung/Ergebnis attestieren; sie verdienen sich eigentlich den Stempel „bildungsfern“. Sie sind von der Arbeit an der „Bildungsfront“ weit, weit entfernt und trauen sich da auch gar nicht wirklich hin. Und immer, wenn das nächste Mal Pisa ansteht, kommt der nächste Kokolores auf Sie, Frau Bachmayer, und Ihre Kollegen zu und der Turm steht anschließend wieder ein bisschen schiefer. Aus der Politik kommen dann noch Forderungen von Leuten, die von Schule rein gar nichts verstehen, lustig, nee, NICHT lustig. Wir könnten hier die Liste endlos fortsetzen, aber schon diese wenigen Umstände lassen mich nachvollziehen und verstehen, warum jemand bereits vor Ferienende sehnsuchtsvoll auf die nächsten Ferien schielt. Das ist ja nur ein geringfügiges Symptom. Die wahren Konsequenzen, die viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen betreffen, sind ja weit schlimmer. Und wenn man so jemanden kennt, der richtigen Schaden an Leib und Seele durch die Arbeit in der Schule genommen hat, dann wird einem das volle Ausmaß unserer Bildungsschieflage bewusst. Die Doof-Eltern schnallen doch sowieso nur, dass Sie ja lange Ferien haben, Frau Bachmayer, und lediglich halbtags arbeiten, dumme Sprüche und Binsenweisheiten inklusive. Die Regierungsstellen produzieren die nächste 80-seitige bildungstechnische Bankrotterklärung, weil sie glauen, dass sie an der Quantität gemessen werden, diue Politiker hauen weiter Parolen raus, Mahlzeit (!) und so weiter. Mein Wunsch: Bleiben Sie dran! Bingen Sie die Sachen gern im Blog weiter auf den Punkt. Es wird schwer: Aber (unbedingt): Trauen Sie sich was!

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  2. Bad Teacher

    Liebe „Frau Bachmayer“,
    als Kollegin finde ich es sehr schade, dass Sie in Ihrem Blog nicht die Gelegenheit ergriffen haben, von den Absurditäten und amüsanten Begebenheiten an der Schule zu berichten, die tatsächlich blogwürdig sind, sondern anstatt dessen genau jene Vorurteile bestätigen, mit denen wir zu kämpfen haben.
    Unterm Strich bleibt der Eindruck, Engagement für die eigene Klasse (Klassenlehrerunterricht statt Fachunterricht) sei zu viel verlangt, Dienstbesprechungen seien langweilig und nur durch Nebenbeschäftigung zu ertragen, Zusatztermine seien überflüssig und die einzige Motivation, den Beruf auszuüben, bestehe in den Ferien. Nein, nicht die einzige Motivation – ganz nebenbei lassen Sie durchscheinen, dass sich eine Lehrerin ein iPad und „drei Wochen Malle“ locker leisten kann.
    Oder übersehe ich die Metaebene in Ihrem Text?
    Nutzen Sie die Chance und tun Sie unserem Berufsstand Gutes.

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  3. Schülerschreck

    Wie kann ich diesen Blog verstehen? Gibt es nur diesen einen Beitrag von Frau Bachmayer? Geht es nicht weiter? Lehrer bleiben gedanklich an der ersten Konferenz vor Schulbeginn stecken (weil „einschneidendes Erlebnis“)?
    Ich sehe es auch so, dass es Ihnen leider in diesem einen Beitrag nicht gelungen ist, die Schwierigkeiten und Frustauslösenden Situationen mit ihren Hintergründen zu vermitteln. Die Überschrift verheißt Spannendes, macht Lust auf mehr und entpuppt sich als seltsam.

    Was wollen Sie damit sagen?

    Ich bin auch Lehrerin im Oldenburger Land, ich kenne ähnliche Situationen in einer Konferenz, aber mein Schulalltag geht weiter, ist spannender und durchaus lebendiger (als Ihrer scheinbar).

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  4. Ehegatte

    Ich bin ebenfalls Lehrerinnenehemann und ich gehe in meiner Beurteilung des Kultusministeriums noch einen Schritt weiter. Dieser Laden ist der Beweis dafür, dass der Hirntod nicht das Ende des Lebens bedeutet! Ständig werden neue Überprüfungen und Schülerbegleitbögen und anderer Firlefanz („Dokumentation des individuellen Lehrnfortschrittes“!) erfunden. Ganz nach dem Motto, die Sau wird durch Wiegen fetter. Im der Politik hat scheinbar irgendwann ein Schlaufuchs den Plan entwickelt, ALLE zum Abitur zu bringen. Abi nach 12 Jahren nätürlich. Warum nicht gleich Abi für alle MIT 12 Jahren? Dazu kommt, dass die kleinen Prinzen und Prinzessinnen zu Hause vermittelt bekommen, dass sie der ultimative Mittelpunkt des Universums sind. Jeder von ihnen natürlich in seinem eigenen Universum und darauf hat sich das Lehrmaterial, Entschuldigung, die Lehrkraft bitte einzustellen. Den Job als Lehrer würde ich in Deutschland für kein Geld der Welt machen. Die Mehrheit der engagierten LehrerInnen (eine im Ministerium erfundene Schreibweise) hat meinen tiefen Respekt. Den ewigen Nörglern empfehle ich einfach beim nächten Kevingeburtstag mal drüber nachzudenken, ob sie den erlebten Stress und Geräuschpegel in potenzierter Form fünf Tage die Woche ertragen möchten.

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  5. Heike

    Hallo Frau Bachmayer, ich finde ihren Blog herzerfrischend und freue mich auf weitere Geschichten.

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  6. #Anno-dazumal-Schülerin

    Aus diesem Beitrag hab ich von Ihnen das Gefühl bekommen, sie seien selbst noch nicht aus dem eigenen Schülerverhalten raus. Einem Schüler ergeht es am ersten Tag nach den Ferien auch nicht viel anders in der Gruppe: Was man in der Ferienzeit machte, wie ätzend es ist jetzt wieder lernen zu müssen, wie lange es bis zu den nächsten Ferien noch hin ist und wann die nächsten Termine für Arbeiten, Referate und Co. sind.
    Ich weiß zwar nicht wie alt sie sind, aber alleine von der Schreib- und Ausdrucksweise müssten sie gerade erst einige Jahre aus Ihrer Referendariatszeit raus sein. Was ja auch nicht heißt, dass sie für ein solches Format, wie es Ihnen dieser Blog und die NWZ hiermit bietet, nicht geeignet seien. Wiederrum sollte man eher erwarten, dass sie vom geschätzten jüngeren Alter her, eigentlich gerade ambitioniert und mit voller Energie an die Sache ran gehen würden. Nur leider bestätigen sie eher das Gegenteil mit Ihren kleinen Geschichten über Süßwarenkrieg im Lehrerzimmer und dem bösen Leon aus der 6b den niemand will.
    Und wenn man dann so etwas liest wie: „Zum Glück habe ich mein IPad dabei.“ Frage ich mich, warum den Schüler Ihre Handys im Unterricht ausschalten sollen, aber Lehrer während Dienstbesprechungen Ihre „Ablenkungen“ scheinbar offen vor allen nutzen können wie sie lustig sind. Und wenn es nur für den Kalender ist (Bei Schülern ist es auch mal nur dieser und trotzdem werden sie meistens alle über einen Kamm geschert). Gerade Menschen, die anderen Menschen Dinge beibringen, um im Leben weiter zu kommen, sollten nicht heucheln.
    Und abgesehen davon, hatte man als Schüler noch immer den Schein, das Leben eines Lehrers wäre spannender.
    Machen sie doch einfach mal aus Schein sein.

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  7. Frau Bachmayer

    Sehr geehrte Anno-dazumal-Schülerin! Wie macht man aus Schein Sein? Wo doch nach Heidegger das Sein nichts Seiendes ist und nach Marx das Sein das Bewusstsein bestimmt. Oder meinen Sie, dass das Bewusstsein das Sein bestimmen kann wie es bei Hegel zu sein scheint? – Mehr Schein als Sein.

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  8. Hannilein

    Hallo Frau Bachmayer!
    Ich freue mich ebenfalls immer auf Ihre neuen Blogeinträge, welche mich ständig aufs Neue zum Schmunzeln oder Lachen bringen. Weiter so! 🙂

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